Estelle
- MSc Gesundheits- und Rehabilitationstechnik
- Bergamo, Italien
- Auslandssemester
- University of Bergamo
- Wintersemester 2022/2023
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Wie haben Sie sich auf Ihren Auslandsaufenthalt vorbereitet? Welche praktischen Vorkehrungen haben Sie vor dem Austausch getroffen?
Vor dem Auslandssemester habe ich die Angebote an Info-Veranstaltungen des International Office genutzt. Auch die Website der Uni Bergamo hat mir sehr geholfen. Zusätzlich haben beide International Offices mir immer sehr schnell und freundlich auf Nachfragen per Mail geantwortet. In Italien wird für vieles der Codice Fiscale, die italienische Steueridentifikationsnummer, benötigt. Diese sollte bereits früh genug vor der Ankunft in Italien beantragt werden. Die Uni Bergamo stellt dafür ein Formular mit genauer Anleitung zum Ausfüllen zur Verfügung. Für den Mietvertrag wird zum Beispiel oft der Codice Fiscale benötigt.
Wie wurden Sie von der Gastinstitution begrüßt?
In Bergamo gibt es die Möglichkeit vor Beginn des Semesters einen kostenlosen Italienisch Intensivkurs zu machen. Grundsätzlich würde ich allen Erasmus Studierenden zur Teilnahme an einem Sprachkurs raten. Man kommt mit Englisch in Italien schon zurecht, manche (ältere) Italiener*innen sprechen allerdings wirklich kaum Englisch und Versuche Italienisch zu sprechen werden hoch angerechnet. Zusätzlich gab es zu Beginn des Semesters eine Einführungsveranstaltung durch das International Office. Die lokale ESN-Gruppe hat außerdem eine Welcome Week mit Events organisiert.
Wie war das Studium an der Gasthochschule?
In Wien studiere ich Gesundheits- und Rehabilitationstechnik. In Bergamo haben zwei Fächer der Wirtschaftsingenieure und einer aus „Engineering and Management for Health“ für mich besonders gut gepasst. Beide Masterstudiengänge werden komplett auf Englisch abgehalten und sind mit ca. 50 Studierenden eher klein. Daher war es recht gut möglich andere Studierende kennenzulernen (internationale und italienische) und auch persönlichen Kontakt zu Professor*innen zu haben. Als Tipp kann ich nur geben sich bei Profs bei der ersten Vorlesung kurz als Erasmus-Student*in vorzustellen, das wurde sehr positiv aufgefasst. Fächer, die Gruppenarbeiten als Prüfung hatten, waren für mich eine sehr gute Möglichkeit mit italienischen und anderen internationalen Studierenden zusammenzuarbeiten und neue Denk- und Arbeitsweisen kennenzulernen. Niveau, Schwierigkeit und Arbeitsaufwand der
Vorlesungen und Prüfungen waren wie gewohnt. Wichtig zu wissen: Der Ingenieurscampus ist außerhalb von Bergamo in Dalmine.
Wie würden Sie das Land, die Kultur und die Freizeitaktivitäten beschreiben, die Sie während Ihres Auslandsaufenthaltes erlebt haben?
Die Lombardei und allgemein Norditalien haben sehr viel zu bieten. Tagesausflüge oder Wochenendausflüge in Städte wie Mailand, Turin, Bologna oder Zürich kann ich nur empfehlen. Auch die Natur ist wunderschön. Besonders gut haben mir die Seen in den Bergen wie Comersee, Iseoeee oder Gardasee gefallen. Die meisten Ziele sind gut mit Zügen und Bussen zu erreichen, im Winter waren aber auch Mietwägen sehr günstig und es kann sich lohnen mit anderen gemeinsam auch mal einen Ausflug mit dem Auto zu unternehmen. Orte, die in den Sommermonaten zu den „Touri-Hotspots“ gehören, sind im Winter recht leer und erschwinglich, ich habe zum Beispiel Cinque Terre und Nizza besucht. Sehr beliebt ist in Italien der Aperitivo. Hier wird vor dem (sehr späten) Abendessen etwas gemeinsam getrunken und eine Kleinigkeit gegessen. Je nach Bar kann diese Kleinigkeit auch ein sehr günstiges all-you-can-eat Buffett sein. Hier lohnt es sich bei Einheimischen nach guten Tipps zu fragen.
Über die Zimmer-/Wohnungssuche und Unterkunft
Beim Finden einer Unterkunft hilft theoretisch das Accommodation Office in Bergamo. Allerdings wurde mir erst nach mehrmaliger Nachfrage per Mail geantwortet. Die Zimmer, an denen ich interessiert war, gab es dann schon nicht mehr und es wurden für mich unpassende, andere Zimmer vorgeschlagen. Andere Erasmus-Studierende haben ähnliche Erfahrungen gemacht. Im Nachhinein habe ich erfahren, dass es am besten funktioniert persönlich beim Accommodation Office vorbei zu schauen. Ich habe mein Zimmer über eine Nachricht in einer WhatsApp Gruppe gefunden. Das Erasmus Student Network hatte schon vor Beginn des Semesters eine Gruppe für internationale Studierende in Bergamo erstellt. Ich bin dann in eine Wohnung mit drei chinesischen Studierenden gezogen. Ich habe monatlich 360€ warm, inkl.WLAN bezahlt. In Italien werden Zimmer oft möbliert vermietet werden, auch Bettzeug ist dabei. Viele Studierende in Italien teilen sich auch Zimmer um Kosten zu sparen
Welche finanziellen Vorkehrungen haben Sie getroffen? Wie hoch waren die Lebenserhaltungskosten im Schnitt?
Für mein Zimmer habe ich monatlich 360€ bezahlt, zusätzlich hat die Agentur, über die die Vermietung lief, einmalig ca. 200€ verlangt. Ich denke die Lebensmittelpreise waren ähnlich teuer wie in Wien. Am meisten Geld habe ich für Freizeitaktivitäten und Reisen ausgegeben. Je nachdem wie viel man unterwegs ist kann es sich lohnen das Monatsticket für den gesamten öffentlichen Nahverkehr in der Lombardei zu kaufen, das kostet 110€ im Monat. Es gibt aber auch günstigere Varianten nur für den Busverkehrt in Bergamo. Ich habe die meisten Strecken in Bergamo mit dem Fahrrad zurückgelegt, das hat für mich sehr gut funktioniert.
Art der Finanzierung
- Erasmus+ Förderung
- Studienbeihilfe oder andere Stipendien
- Familie
- Ersparnisse
Haben Sie Tipps was noch zu beachten ist?
Für Kunst- und Kulturinteressierte ist das „Abbonamento Musei“ der Lombardei sehr empfehlenswert. Für einmalig 30€ können ein Jahr lang alle beteiligten Museen besucht werden. In Bergamo selbst ist beispielsweise der Turm „Campanone“ auf der Piazza Vecchia in Bergamo Alta enthalten, alleine dort war ich bestimmt fünfmal um die wunderschöne Aussicht zu genießen. Aber auch der Mailänder Dom oder das ADI Design Museum sind
enthalten.
Welche neuen Fähigkeiten und Qualitäten haben Sie erworben?
Ich habe während der Zeit in Italien sowohl mein Englisch als auch mein Italienisch stark verbessert. Außerdem konnte ich bei Gruppenarbeiten neue Arbeits- und Herangehensweisen kennenzulernen. Fachlich habe ich einiges dazugelernt, ich habe sehr interessante Vorlesungen besucht.
Wie haben sich Ihre Werte und Einstellungen während Ihres Auslandsaufenthaltes verändert?
Durch politische/ideelle Diskussionen mit Menschen aus der ganzen Welt konnte ich neue Blickwinkel und Ansichten kennenlernen, habe mich aber auch darin üben können meinen eigenen Standpunkt zu vermitteln und zu vertreten. Ich denke, ich bin offener gegenüber neuen Kulturen und Standpunkten geworden, weiß aber auch stärker als zuvor zu Schätzen was ich an Deutschland und Österreich als meine Heimaten „habe“.
Was war im Rückblick die größte Herausforderung bei der Vorbereitung auf oder während Ihres Auslandsaufenthaltes?
Eine sehr große Herausforderung für mich war meine Wohnsituation. Meine Mitbewohner*innen und ich hatten sehr unterschiedliche Vorstellungen von – und Bedürfnisse nach Sauberkeit bzw. Hygiene.
Was war Ihre positivste Erfahrung während Ihres Auslandsaufenthaltes?
Die Natur und Architektur in der Gegend haben mir sehr, sehr gut gefallen. Ich fand es super spannend viel herum zu reisen und ein neues Gebiet so gut kennenzulernen. Außerdem sind tolle Freundschaften entstanden, durch die ich Menschen überall auf der Welt besuchen kann.