Michael
- BSc Erneuerbare Energien
- Kemi, Finnland
- Auslandssemester
- Lapland University of Applied Sciences
- Studienjahr 2022/2023
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Wie haben Sie sich auf Ihren Auslandsaufenthalt vorbereitet? Welche praktischen Vorkehrungen haben Sie vor dem Austausch getroffen?
Eine meiner Vorbereitungen war der Abschluss einer privaten Krankenversicherung, diese ist zwar im ersten Moment recht teuer, lässt einen aber im Laufe des Aufenthaltes ruhig schlafen, wo andere Sorge tragen.
Ein großer Schritt war das Packen. Ich habe nahezu mein gesamtes Gewand in zwei 30kg schwere Pakete gepackt und per Post verschickt. Davon kann ich allerdings abraten, zum einen sind die Kartons nach dem Transport unbrauchbar und man muss für die Heimreise neue kaufen und zum anderen kam mein Paket erst nach rund drei Wochen an und bis dahin musste ich aus Handgepäck und zugekaufter Kleidung/Hygieneartikeln leben was doch sehr mühsam war. Weiters kann sich je nach Wohnlage der Transport eines solchen Paketes zur Wohnung hin – ohne Auto – als weitere große Herausforderung herausstellen.
Wie wurden Sie von der Gastinstitution begrüßt?
Bei der Ankunft selbst wurden wir bei unserem Apartment von einem Tutor (gleiches Alter) erwartet, der uns die Einweisung für diese gab. Dadurch entstand gleich zu Beginn ein angenehmes Klima. In späterer Folge wurde dieser Tutor einer unserer besten Freunde und nahm unter anderem an Footballabenden teil.
Schultechnisch bekamen wir in der zweiten oder dritten Woche einen einwöchigen Einführungskurs zu Gesellschaft, zum Schulsystem und auch zum Unterricht selbst. Daher blieben zu diesem Zeitpunkt keine Fragen auf organisatorischer Seite über.
Wie war das Studium an der Gasthochschule?
Das Studium an sich war sehr interessant. Auf der einen Seite ist es eine gewisse Herausforderung sich in die finnischen Klassen zu etablieren da Skandinavier in der Tat sehr verschlossen sind und die englische Sprache an dieser Universität für viele Studierende eine Problem ist. Jedoch stellt dies auf lange Sicht kein all zu großes Problem dar. Der Unterricht ist sehr offen gestaltet und man bekommt durch die primär auf Projekt fokussierte Arbeit die Möglichkeiten seinen eigenen Interessen und Themen nachzugehen. Auch die Arbeitsweise ist eine sehr offene, man verbringt viel selbstständige Zeit sowohl im Labor als auch zu Hause, um seine Projekte abzuarbeiten.
Von den Lektoren wurde man immer sehr freundlich aufgenommen und auch nicht vorhandenes Wissen durch unser Double Degree Austauschprogramm wurde berücksichtigt.
Wie würden Sie das Land, die Kultur und die Freizeitaktivitäten beschreiben, die Sie während Ihres Auslandsaufenthaltes erlebt haben?
Die finnische Kultur ist eine sehr verschlossene was es zu Beginn ein wenig erschwert mit ansässigen Leuten ins Reden zu kommen. Findet man allerdings das richtige Gesprächsthema, gibt es kein halten mehr für so manchen Finnen. (zb. Angeln/Fischen, Schneemobil fahren, Langlaufen, Zelten, Survival Camp usw.)
In der Freizeit bietet die Natur großartige Möglichkeiten. Skilanglauf, Spaziergänge am gefrorenen Meer, sportliche Aktivitäten an öffentlich zugänglichen Sportplätzen und dem Strand am Meer bieten sowohl im Sommer als auch Winter tolle Möglichkeiten neben den stressigen Lernzeiten einen Ausgleich zu schaffen.
Besondere Ausflüge ermöglichen einem vorallem Einheimische, da diese über ein Schneemobil verfügen oder Ausrüstung und Wissen zum Thema Eisfischen besitzen. Ein solcher Ausflug wurde auch mit unserem Abteilungsleiter gemacht, was als unvergessliches Erlebnis in Erinnerung blieb. (siehe Bild)
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Über die Zimmer-/Wohnungssuche und Unterkunft
Die Unterkunft/WG wurde in unserem Fall von Wiener Studierenden aus dem Vorjahr übernommen. Daher gab es hier nicht wirklich etwas zu tun. Dabei handelte es sich um eine 4-Zimmer-WG für fünf Leute, weshalb ich im ersten Semester mit einem Kollegen das Zimmer teilen durfte/musste. Da auch WC und Dusche in einem Raum waren, hat dies am Morgen des Öfteren zu Verzögerungen geführt.
Aus diesem Grund hab ich für das zweite Semester um eine andere Schlafmöglichkeit gebeten. Deshalb habe ich eine kleine Wohnung für mich bekommen. Diese wurde für mich von der Leiterin des Incoming Departments, Sanna, vermittelt, die auch bei anderen Fragen immer zur Verfügung stand. Dabei handelte es sich um die Universitätswohnung, welche einen mega Ausblick (siehe Bild) bis aufs Meer bietet und in den Wintermonaten durch die Südausrichtung jeden Abend einen wunderschönen Sonnenuntergang bietet. Auch Nordlichter konnte ich vom Fenster aus sehen.
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Welche finanziellen Vorkehrungen haben Sie getroffen? Wie hoch waren die Lebenserhaltungskosten im Schnitt?
Die Erasmusförderung hilft sehr und hat in meinem Fall in etwa die Miete abgedeckt. Weiters erhielt ich Familienbeihilfe welche gemeinsam mit dem Taschengeld der Eltern ein angenehmes Leben ermöglicht. Dabei sei allerdings angemerkt, dass ich nahezu keinen Alkohol konsumiert habe, was in Finnland viel Geld spart. Dazu kommt das man unter der Woche täglich auf der Universität um 2,80€ ein Buffetessen bekommt was einem unschlagbaren Preis- Leistungsverhältnis entspricht. Hochgerechnet würde ich sagen, bin ich auf rund 1200-1300€ pro Monat an Grundkosten gekommen. Da ich öfter heimgeflogen bin, waren die Gesamtkosten doch etwas höher, da ein Hin- und Rückflug von Wien nach Kemi rund 400€ kostet (in den Ferien weit mehr), was ebenfalls berücksichtigt werden sollte.
Welche neuen Fähigkeiten und Qualitäten haben Sie erworben?
Ich als gelernter Maschinenbauer hatte immer einen gewissen Respekt vor Elektrotechnik und Steuerungstechnik, durch meine Bachelorarbeit hab ich mich nun intensiv damit befasst/befassen müssen und konnte diese „Angst“ ablegen. Sprich ich konnte viel Erfahrung im Bereich 3D Druck und eben Elektrotechnik, Elektronik und auch Programmierung und 3D Drucker Steuerungen lernen. Da die finnische Sprache eine sehr eigene ist und ich nicht wirklich sprachlich gewandt bin, hab ich nahezu nichts an sprachlichen Kenntnissen mitgenommen. Durch das WG-Leben habe ich als introvertierter Mensch allerdings viel im Bereich Toleranz gelernt.
Was war im Rückblick die größte Herausforderung bei der Vorbereitung auf oder während Ihres Auslandsaufenthaltes?
Die beiden größten Herausforderungen waren das diesige Wetter im Herbst in Kombination mit schulischem Stress am Ende des Semesters. Als Hauptproblem würde ich den zeitlichen Stress im zweiten Semester bei meiner Bachelorarbeit bezeichnen. Für diese habe ich in den letzten zwei Monaten rund 70-80 Stunden pro Woche gearbeitet und war daher gut ausgelastet. Das Ausmaß dieser Arbeit hab ich mir dabei selbst auferlegt und hat nichts mit den Erwartungen der Uni zu tun gehabt!
Eine weitere Herausforderung stellt die Unklarheit vor der Reise dar. Da man sich gerne auf zehn Monate Ausland einstellen würde, dies aber nicht wirklich kann. Das hat zumindest mich sehr unrund und nervös gemacht.