Nadja
- BSc Erneuerbare Energien
- Ngabobo, Tansania
- Praktikum
- Pomoja Secundary School
- Sommersemester 2023/2024
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Wie haben Sie Ihre Praktikumsstelle gefunden? Wie haben Sie sich dafür beworben? Wie haben Sie sich auf Ihren Auslandsaufenthalt vorbereitet?
Es wurde ein Semesterprojekt für das 5. Semester ausgeschrieben. Eines davon war die Vorbereitung des Kurses den ich im 6. Semester nun im Ausland abhalten durfte. Das Bewerbungsverfahren war einfach, da ich die einzige Interessentin war. Vorbereitet habe ich mich, indem ich mir privat das Wissen aneignete das ich dort den Schüler*innen vermitteln sollte. Ebenso traf ich mich mit dem Studenten, der letztes Jahr denselben Auslandsaufenthalt gemacht hatte, der sehr wertvolle Tipps und Erfahrungen mit mir teilte. Auch der Betreuer von der Firma stand immer für Fragen zur Verfügung.
Welche praktischen Vorkehrungen haben Sie vor dem Austausch getroffen?
Ich habe eine private Reiseversicherung abgeschlossen, das geht auch relativ kurzfristig. Ebenso habe ich mir einiges über typische Verhaltensregeln, das Wetter, Religionen etc. in meinem Land durchgelesen, was sehr hilfreich war. Das Visum hab ich erst am Flughafen beantragt. Die NGO für die wir gearbeitet hatten hat uns aber im Vorhinein einen Invitation Letter ausgestellt, wodurch wir ein A6-Volunteer-Visum bekommen haben, was einiges (u.a. den Zoll) wesentlich vereinfacht hat. Es ist auch gut zu wissen, wer einen vom Flughafen abholt und zu klären wie man an eine lokale SIM Karte kommt. Ein Termin bei der Bank davor war auch sehr sinnvoll, da ich sonst vergessen hätte GeoControl zu deaktivieren!
Wie wurden Sie von der Firma begrüßt, eingeschult und willkommen geheißen?
Ein Fahrer der NGO hat uns vom Flughafen abgeholt. Bei der Unterkunft hat uns dann schon unser Firmenbetreuer getroffen; Schüler*innen der Schule bei der wir untergebracht waren haben uns eine Führung gegeben. Wir wurden sehr herzlich empfangen! Dennoch hätten wir nach der Ankunft eigentlich mehr Ruhe benötigt – wir starteten nämlich noch am selben Tag damit den Klassenraum und andere Dinge für den Unterricht zu organisieren.
Über die Zimmer-/Wohnungssuche und Unterkunft
Wir wohnten in einem Dormitory mit ca. 60 anderen Schülerinnen und unseren 4 Schülerinnen (die Jungs waren in einem anderen Dormitory). Wir hatten zu zweit ein eigenes, recht schönes Zimmer mit zwei Betten, einem Tisch, zwei Sesseln und einem Regal. Bad und WC teilten wir uns mit allen anderen. Die Unterkunft war direkt (ca. 10 m) neben dem Klassenraum/der Schule, was sehr praktisch war.
Welche finanziellen Vorkehrungen haben Sie getroffen? Wie hoch waren die Lebenserhaltungskosten im Schnitt?
Ich habe davor ausreichend Geld vom Sparkonto auf mein Konto überwiesen. Da man dort nirgendwo mit Karte zahlen konnte und auch weit und breit kein ATM war, haben wir am Flughafen pro Person ca. 180€ in TZS (der nationalen Währung) abgehoben. Da die Unterkunft und das Essen über die Firma bezahlt wurden und Obst, Schulsachen etc. am Markt sehr günstig waren, kamen wir damit gut für zwei Monate durch.
Wie würden Sie das Land, die Kultur und die Freizeitaktivitäten beschreiben, die Sie während Ihres Auslandsaufenthaltes erlebt haben?
Die Menschen sind unglaublich warmherzig, hilfsbereit und für jeden Spaß zu haben. Man findet schnell sehr gute Freund*innen, weil die meisten Menschen sehr offen sind, sich kümmern und einen sehr schnell integrieren. Meine Schüler*innen haben mir z.B. in jeder freien Minute ihre Sprache beigebracht, wir haben mehrmals die Woche gemeinsam Fußball gespielt, gemeinsam getanzt und hatten jede Menge Spaß. Sie waren alle sehr neugierig über die Kultur(en) in Europa. In der Freizeit waren wir meistens mit Fußballspielen, Spaziergängen, quatschen oder Freitags mit einem Marsch 5 km quer über ein Sumpfgebiet zum Markt beschäftigt, um Obst etc. zu kaufen. Die Schüler*innen haben mich überall hin begleitet und haben auch am Markt für mich verhandelt. Es hat sich angefühlt wie zu Hause, wie eine Familie.
Auch kritisches Denken bzgl. der Politik in Tansania ist sehr verbreitet. Homosexualität ist dort bei Gefängnisstrafe verboten – man merkt aber, dass die Menschen das als schlecht empfinden.
Wie würden Sie das Praktikum beschreiben?
Es war sehr gut, dass bei der Ankunft bereits der Betreuer vor Ort war. Dass er in den ersten drei Wochen auch noch vor Ort das Projekt organisiert und betreut hat war auch hilfreich, da es einen sanften Einstieg ermöglichte; von Tag zu Tag konnten wir mehr ohne Betreuer machen. Er stellte gewissenhaft sicher, dass wir gut zurecht kamen und alles reibungslos lief bevor er abreiste. Der Inhalt des Praktikums war sehr spannend, oft aber auch sehr sehr fordernd. Leider war es oft auch zeitintensiv und extrem stressig. Ich habe dort gelernt, besser mit meinen Ressourcen umzugehen und aus fordernden Situationen (die es zu genüge gab) das beste zu machen und zu lernen. Ich lernte auch, Dinge zu delegieren und noch effizienter zu arbeiten. Also kurz gesagt: Ich werde meine Zeit in Tansania nie wieder vergessen, da ich aus den vielen fordernden Situationen fachlich sowie persönlich viel dazulernen durfte.
Welche neuen Fähigkeiten und Qualitäten haben Sie erworben?
Basics in Swahili, ein größerer (v.a. fachlicher/technischer) Englisch-Wortschatz, Geduld, Kommunikation mit unterschiedlichen Kulturen, Verständnis und Offenheit für andere Denk- und Verhaltensweisen, direktes Ansprechen von Problemen, Vermittlung technischer Inhalte und ansprechende Unterrichtsgestaltung, Schaffen von Autorität und Führungskenntnisse, Umgang mit Stress und scheinbar aussichtslosen/überfordernden Situationen, Aufbau, Inbetriebnahme und Wartung von PV-Systemen
Wie haben sich Ihre Werte und Einstellungen durch Ihren Auslandsaufenthalt verändert?
Ich denke ich wurde offener gegenüber anderen Denkweisen. Ich habe ein besseres Verständnis und mehr Bewusstsein für die Ursachen, Hintergründe und Auswirkungen der Armut in Tansania bekommen, was mich zu der Entscheidung geführt hat, dass ich mich in Zukunft (mehr) gegen diese Ungleichheit engagieren und dieses Bewusstsein weitergeben will. Die Erfahrungen haben mich auch darin bestärkt, in meinem Beruf etwas gegen die Klimakrise unternehmen zu wollen.
Was war im Rückblick die größte Herausforderung bei der Vorbereitung auf oder während Ihres Auslandsaufenthaltes?
Dass eindeutig zu viel Arbeit in viel zu wenig Zeit erledigt werden musste. Auch als einige meiner Schüler*innen krank oder verletzt wurden wurde mir bewusst, dass man als Lehrerin eine viel größere Verantwortung hat als nur fachliches Wissen zu vermitteln.
Was war Ihre positivste Erfahrung während Ihres Auslandsaufenthaltes?
Nachdem alle meine Schüler*innen ein Zertifikat bekommen hatten, da sie ohne Ausnahme super Leistungen vollbracht und präsentiert hatten, sagte ich ihnen wie stolz ich auf sie war und wie dankbar ihre Lehrerin gewesen sein zu dürfen. Daraufhin stürmten alle auf mich zu – jeder einzelne Schüler*in umarmte mich so herzlich, dass mir Freudentränen kamen.
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