Thomas
- MSc Medical Engineering and eHealth
- Linköping, Schweden
- Auslandssemester
- Linköping University
- Wintersemester 2023/2024
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Wie haben Sie sich auf Ihren Auslandsaufenthalt vorbereitet? Welche praktischen Vorkehrungen haben Sie vor dem Austausch getroffen?
Die meisten Infos und Tipps habe ich durch Freunde erhalten, welche bereits in Schweden/Linköping auf Erasmus waren.
Zu den wichtigsten Vorbereitungen zählten (bzw. kann ich empfehlen):
- Registrierung bei den verschiedenen Wohnheim-Anbietern so früh wie möglich.
- Kredit-Karte mit Unterstützung für verschiedene Währungen (z.B. Revolut oder N26)
- Leistungsstarker Laptop, um nicht auf Technik der Gastuni angewiesen zu sein
- Modernes Smartphone mit aktualisiertem Betriebssystem (Android oder iOS, und nicht gerootet), weil in Schweden alles digitalisiert und selbst für so etwas simples wie die Anmeldung auf der Uni-Webseite, spezielle Apps benötigt werden.
Wie wurden Sie von der Gastinstitution begrüßt?
Bin an einem der Welcome Days angereist. Daher gab es einen extra Shuttle Service vom Bahnhof zum Uni-Campus. Dort wurden wir vom International Office empfangen und wichtige Informationen übergeben, inklusive ToDo Liste – Aktivierung des Uni Accounts, Registrierung für Kurse,…
Ein paar Infos waren falsch, und man konnte die ToDo Liste ab Aktivierung des Accounts auch gar nicht weiter abarbeiten, weil die Aktivierung bis zu einen Tag dauert.
Es gab auch keine Möglichkeit etwas auszudrucken. Also Wichtig! – Alle benötigten Dokumente in ausgedruckter Form bringen.
Helfer des IOs bieten während der Welcome Days auch an, Personen mit dem Auto zu den Unterkünften zu bringen, oder auch zu Ikea.
Wie war das Studium an der Gasthochschule?
Das Semester ist in zwei Abschnitte geteilt, welche jeweils mit Prüfungs-Wochen enden. Die meisten Kurse dauern nur einen Abschnitt lang.
Grundsätzlich sind die Kurse vom Inhalt her weitaus weniger schwierig als man anhand der ECTS erwarten würde. Die Schwierigkeit kommt jedoch durch die Art und niedrige Qualität des Unterrichts und/oder Unterrichts-Materialien.
Vorlesungen sind fast ausschließlich frontal, und die Anzahl der Einheiten ist auch recht gering. Labor-Einheiten bedeuten lediglich, dass ein Lehrkörper zur Verfügung steht, welchen man um Hilfe bitten kann. Der Fokus liegt äußerst stark auf Self-Learning.
Auf der FHTW erlangt man jedenfalls weitaus mehr Wissen für weniger ECTS. Für typische FH Studenten, welche strukturierten Unterricht und Deadlines gewohnt sind, kann das Studium auf der LiU trotzdem recht schwer sein.
Wie würden Sie das Land, die Kultur und die Freizeitaktivitäten beschreiben, die Sie während Ihres Auslandsaufenthaltes erlebt haben?
Die Natur in Schweden ist unglaublich schön und lädt zu tollen Ausflügen ein.
Die Städte sind wenig dicht besiedelt und Natur ist stärker integriert. Rad-Wege sind besser ausgebaut und Ampeln sind smart. In Linköping jedenfalls ist man normalerweise nur mit dem Rad unterwegs und damit immer schneller als mit dem Bus.
Weil in Linköping das gesamte Studenten-Leben so zentriert ist (Campus und Wohnheime), ergibt sich eine unglaubliche, wenn nicht sogar einzigartige, Campus-Kultur. Fast alle Studenten sind als Freiwillige in Organisationen involviert. Für jeden Studiengang gibt es eine eigene Organisation, welche regelmäßig Events veranstaltet. Für jedes Hobby und Interesse findet man eine Organisation mit regelmäßigen Treffen und eigenen Events.
Als Erasmus Student ist es leider aber relativ schwer Teil solcher Organisationen zu werden. Die Schweden sind relativ verschlossen, und obwohl alle gut Englisch sprechen, tun sie es nicht gerne.
Über die Zimmer-/Wohnungssuche und Unterkunft
Es gibt mehrere Studenten-Bezirke mit Wohnheimen. Viele sind sogenannte Korridors, wo sich 8 Zimmer eine gemeinsame Küche und Wohnzimmer teilen. Bad/WC hat jedes Zimmer selbst. Im Vergleich zu Wiener Studenten-Heimen sind die Zimmer sehr groß und schön, und günstiger.
Umgerechnet zahlte ich ca. 330 EUR / Monat für ein Korridor-Zimmer.
Mein Zimmer bekam ich durch “Studentbostader”, der größte Studentenheim-Anbieter in Linköping. Die Zuteilung erfolgt anhand einer Warteliste. Sobald man sich auf der Webseite registriert, bekommt man 1 Punkt pro Tag. Sobald ein Zimmer online zur Verfügung steht (meist erst ein Monat vor Semester-Start), kann dann dafür gevotet werden.
Wichtig also! Sofort auf den Webseiten der Wohnheim-Anbieter anmelden!
Welche finanziellen Vorkehrungen haben Sie getroffen? Wie hoch waren die Lebenserhaltungskosten im Schnitt?
Die Wohnkosten sind viel niedriger als in Österreich / Wien. Alle anderen Kosten dafür viel höher. Das betrifft unter anderem Lebensmittel, vor allem aber alles, was man in Österreich bei einem Discounter bekommen kann. In Schweden gibt es kaum Discounter und auch weniger Konkurrenz zwischen Marken.
Alkohol ist äußerst teuer. Es zahlt sich aus, lieber ein extra Gepäck beim Flug zu buchen und Alkohol mitzunehmen.
Haben Sie Tipps was noch zu beachten ist?
Für das Wintersemester sollte man lieber schon Anfang August kommen. Die Studiengänge in Schweden haben zu dieser Zeit ihre Einführungs-Veranstaltungen, und die Campus-Kultur ist dabei am Höchststand. Außerdem ist zu der Zeit das Reisen in Schweden am schönsten.
Für das Sommer-Semester sollte man jedenfalls bis Ende Juni bleiben und nochmal ordentlich Reisen.
(Mehrtägige Kayak Tour an der Ost-Küste ist stark zu empfehlen)
Für Leute, welche Social Media nicht gerne verwenden – Daran kommt man in Schweden nicht vorbei. Die meisten Informationen werden nicht auf Webseiten gefunden, sondern verstreut über verschiedene Social Media Plattformen.
Welche neuen Fähigkeiten und Qualitäten haben Sie erworben?
- Neue Fähigkeiten aus Aktivitäten:
Badminton, Indoor Hockey, Yoga,…
Bugg (traditioneller Tanz, ähnlich zu Boogie Woogie), Shuffle,
Brot backen, Wein brauen (“Ugly Wine”), Rezepte aus unterschiedlichen Ländern,…
Nähen (wichtig für Overall), - Fähigkeiten aus Uni-Kursen:
App und GUI Development,
Hacking (Computer Security)
Wie haben sich Ihre Werte und Einstellungen während Ihres Auslandsaufenthaltes verändert?
Ich bin weniger sparsam bzw. geizig als zuvor. Da in Schweden alles teurer ist, lernt man schnell, sich weniger Gedanken ums Geld zu machen – ansonsten hat man keine Freude.
Auch schätze ich Situation in Österreich bzw. Wien nun mehr, wo wir viele Discounter und allgemein mehr Konkurrenz zwischen Märkten und Marken haben.
Was war im Rückblick die größte Herausforderung bei der Vorbereitung auf oder während Ihres Auslandsaufenthaltes?
- Digitalisiertes Schweden:
In Österreich führen wir digitale Services erst dann als primäre Option ein, wenn diese ausführlich getestet wurden, bzw. wenn wir aufhören zu meckern.
In Schweden wird einfach alles digitalisiert, ob es nun richtig funktioniert oder nicht. Getestet wird kaum, Usability nicht ernst genommen, und GDPR interessiert sowieso niemanden.
Eine große Schwierigkeit war es jedenfalls mit der Technik und den Web-Services der Linköping Universität umzugehen – Ein täglicher Kampf gegen Frustration. - Dunkelheit im Winter:
Man sollte die Dunkelheit und Folgen daraus im Winter-Semester nicht unterschätzen – fehlende Motivation, Müdigkeit, Depression.
Dagegen gibt es wichtige Tipps:
1) Vitamin D Ergänzung
2) Täglich zu Mittag mindestens eine halbe Stunde in die Sonne.
3) Täglich mit Kollegen Treffen vereinbaren, für Mittagessen und Lernen.
4) Redet miteinander darüber, je früher desto besser. Alle haben das Problem, auch die Schweden selbst.
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