Numerische Simulation von A-Sternen und Weißen Zwergsternen

Die astrophysikalische Forschung spielt eine wesentliche Rolle für die Weiterentwicklung der
modernen Physik. Sie beeinflusst sowohl unsere Vorstellung über die Grundlagen der Physik als
auch die Möglichkeiten der Anwendung von Physik auf naturwissenschaftliche und technische
Fragestellungen. Denn für die Astrophysik sind alle Teildisziplinen der Physik wichtig. Die durch
sie motivierten Neuerungen umfassen zum Beispiel die Entwicklung neuer Messverfahren für
bodengebundene Teleskope und im Weltraum eingesetzte Instrumente und die Erstellung von
computergestützten Modellen komplexer physikalischer Vorgänge zum Verständnis der Sonne.
Sie führt auch auf Fragen, die die Grundlagen der Physik selbst betreffen, etwa, ob unsere
Vorstellung, wie die Gravitation wirkt, richtig sind. In gleicher Weise motiviert die Astrophysik die
Weiterentwicklung modernster mathematischer Verfahren, wie sie in Computersimulationen
verwendet werden. So kann etwa ein numerisches Lösungsverfahren, dass für die Untersuchung
von Mischungsvorgängen im Inneren von massereichen Sternen entwickelt wurde, wie sie an
sich auch im Inneren von Planeten oder in Ozeanen und in Seen auf der Erde vorkommen, nicht
nur für die Forschung in der Astrophysik und Geophysik zum Einsatz kommen, sondern auch in
der Biologie, der Chemie oder Finanzmathematik. Denn Vorgänge, die zunächst als etwas völlig
anderes erscheinen, können aufgrund einer ähnlichen mathematischen Struktur mit den gleichen
Lösungsverfahren untersucht werden, die so in die praktische Anwendung übernommen werden
können, wie etwa bei der Risikobewertung von Investitionsportfolios durch Banken und
Versicherungen oder der Konstruktion von Solar Ponds zur Gewinnung elektrischer Energie.
Im FWF-geförderten Projekt „Numerische Simulation von A-Sternen und Weißen Zwergsternen‟
steht die Untersuchung von Konvektion in den genannten Objekttypen im Mittelpunkt. Motiviert ist
deren Auswahl durch eine Reihe von ungelösten Fragen innerhalb der Fachdisziplin stellare
Astrophysik, aber auch dadurch, dass die Erstellung numerischer Simulationen für diese Objekte
auch zur Weiterentwicklung von numerischen Verfahren besonders gut geeignet ist.
Konvektion ist ein wichtiger physikalischer Prozess zum Transport von Wärme in Flüssigkeiten,
in Gasen und Plasma. Sie kann diese schnell durchmischen und in ihnen eine Vielzahl an
hydrodynamischen Phänomenen hervorrufen oder deren Ablauf verändern. Dazu zählen die
Bildung großer Auf- und Abströmstrukturen (Granulen und Plumes), laufender oder stehender
Wellen und von Stoßwellen. Die Herausforderung bei der Berechnung dieser Prozesse in
Sternen liegt darin, dass diese meist sehr turbulent sind. Ein näheres Verständnis dieser
Vorgänge erfordert die numerische Lösung der physikalischen Erhaltungsgleichungen und darauf
basierend die Durchführung numerischer Simulationen von Konvektion in Sternen. Selbst mit den
leistungsfähigsten Supercomputern können dabei nicht alle Prozesse berücksichtigt werden: Die
Simulationen werden so konstruiert, dass sie die für das physikalische Verständnis wichtigsten
Vorgänge räumlich und zeitlich erfassen. Um dies zu erreichen ist auch die Weiterentwicklung
und Anwendung neuer numerischer Verfahren notwendig.

In diesem Projekt sollen numerische Simulationen von Ausschnitten der Oberfläche von Sternen
durchgeführt werden. Sterne vom Spektraltyp A und weiße Zwergsterne vom Spektraltyp DA
sollen dabei im Mittelpunkt stehen. Denn warum nur ein Teil der kühlen A- und der metallreichen
Am-Sterne pulsiert, ist bislang ebenso wenig ausreichend verstanden wie die genaue Rolle, die
die Konvektion beim Anregen und Dämpfen globaler Schwingungen in diesen Sternen hat,
obwohl durch Weltraummissionen wie Kepler und TESS für viele dieser Objekte hochpräzise
Daten vorliegen. Ebenso durchmischt Konvektion scheinbar stabil geschichtete Regionen in
solchen Sternen, wobei dieser Vorgang in den zu untersuchenden Sterntypen besonders effektiv
ist. Die Rolle, die Turbulenz bei diesem sogenannten Overshooting (Mischen über die
Stabilitätsgrenze hinaus) spielt, ist noch unzureichend unerforscht. Daher soll eine ganze Reihe
an numerischen Simulationen von A-Sternen durchgeführt und so ein erstes Modellgitter für
diese Objekte erstellt werden. Den Schlüssel zu neuen Resultaten wird dabei eine hohe
räumliche Auflösung durch lokale Gitterverfeinerung liefern, wie sie der Simulationscode
ANTARES ermöglicht. Für A-Sterne erfordert dies die Implementierung weiterentwickelter
numerischer Verfahren (implizit-explizite Runge-Kutta Methoden), damit die zeitliche Auflösung
der Simulation nicht unleistbar klein wird. Mit diesen Mitteln soll dann untersucht werden, welche
Rolle die Turbulenz beim Overshooting in Weißen Zwergsternen und A-Sternen spielt; wie der
turbulente Druck, der durch die Konvektion entsteht, das Auftreten von globalen Schwingungen
in A-/Am-Sternen beeinflusst; wie die turbulente Konvektion die Spektren dieser Sterne verändert
und wie sich bei kühlen A- und heißen F-Sternen räumlich getrennte Konvektionszonen
miteinander verbinden. Die Vorhersagen der Simulationen werden mit verschiedenen
Beobachtungsmethoden getestet.

Eckdaten
Weitere Forschungsgebiete
Department Applied Mathematics & Physics
FWF Der Wirtschaftsfonds
von Mai 2021 bis Juni 2023
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