Bachelor- und Masterarbeiten nehmen Fußball in den Fokus
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25. Juni 2021
Nicht nur bei der Fußball-EM dreht sich derzeit alles um den Rasensport. Auch an der FH Technikum Wien widmen sich Studierende im Rahmen ihrer Abschlussarbeiten verschiedenen technologischen und physiologischen Aspekten des Fußballspiels.
Die Sportwelt liegt derzeit wieder einmal im Fußballfieber. Doch nicht nur bei der Fußball-Europameisterschaft dreht sich aktuell alles ums runde Leder. Auch an der FH Technikum Wien widmen sich Studierende des Bachelor-Studiengangs Human Factors and Sports Engineering und des Master-Studiengangs Sports Technology im Rahmen ihrer Abschlussarbeiten verschiedenen Aspekten des Fußballspiels.
Unförmige Bälle
Die Bälle, mit denen sich Valentin Vielhuber in seiner Masterthesis beschäftigt, sind dabei jedoch nicht wirklich rund. Denn im Fokus der Masterarbeit des Sports Technology-Studenten stehen die speziell geformten, ballartigen Übungsobjekte des Wiener Unternehmens Rasenreich, mit denen sich im Training Eigenschaften wie Koordination, Konzentration, Technik und Reaktionsfähigkeit verbessern lassen. Das „Corpus“ genannte Trainingsgerät ist in zwei Varianten erhältlich. Eine ist annähernd oval, die andere ähnelt einem abgerundeten Dreieck. Beide weisen etwas unterschiedliche Spieleigenschaften auf und werden wie normale Bälle benutzt. In der Handhabung sind sie jedoch wesentlich anspruchsvoller. Für seine Masterarbeit analysierte FHTW-Student Vielhuber, wie sich der Einsatz der Objekte im Training auf die sogenannte Handlungsschnelligkeit der Spieler auswirkt. Gemeint ist damit nicht nur die Reaktionsspanne, sondern jene Zeit, die ein Spieler von der Wahrnehmung einer Spielsituation über die Informationsverarbeitung und die Entscheidungsfindung bis hin zur Umsetzung der Handlung braucht.
Die Trainingsobjekte des Unternehmens sind seit mehr als zwei Jahren am Markt und werden mittlerweile von zahlreichen Vereinen und Privatpersonen im In- und Ausland eingesetzt. Rasenreich-Geschäftsführer Johannes Anderl ist selbst Sports Technology-Absolvent der FHTW und regte auch das Thema für Valentin Vielhubers Masterarbeit an.
Messung der Handlungszeit
Dieser beschäftigte sich zunächst mit der Frage, wie man die Handlungsschnelligkeit genauer definieren, sie messen und den Einfluss der Bälle mit wissenschaftlichen Methoden überprüfen könnte. Dazu entwickelte er verschiedene Testszenarien, mit denen sich gewisse Spielsituationen wie Passen, Ballführung und Torabschluss mit Probanden nachstellen ließen. Zudem wurde im Rahmen eines Reaktionstests die „Handlungszeit“ mithilfe von Lichtschranken gemessen.
Die Tests wurden dabei mit normalen Bällen und mit den speziell geformten Corpus-Objekten durchgeführt und die jeweiligen Ergebnisse verglichen. Dabei sei bereits direkt nach dem Training unter anderem eine verbesserte Ballführung zu beobachten gewesen, erklärt der Student. „Es ging im Rahmen der Arbeit auch darum herauszufinden, ob schon eine Trainingseinheit Einfluss auf die Handlungsschnelligkeit hat“, erläutert Vielhuber weiter. Obwohl die Testszenarien auch eine große körperliche Belastung für die Probanden darstellten, sei jedenfalls bereits nach einmaligem Training ein positiver Einfluss der Ballobjekte zu erkennen, fasst er die Ergebnisse seiner Arbeit zusammen.
Bachelorarbeit: Spielerposition und körperliche Belastung
Welchen Einfluss die Position eines Spielers auf die physiologische Belastung im Training und bei Matches hat, das interessierte wiederum Katrin Wimmer für ihre Bachelorarbeit im Studiengang Human Factors and Sports Engineering. Zu dem Thema gebe es zwar bereits wissenschaftliche Literatur, erklärt Wimmer. Doch für ihre Abschlussarbeit beleuchtete sie mit einer Nachwuchsmannschaft aus dem Leistungssportbereich ein in dieser Hinsicht bislang wenig beachtetes Segment im Fußballsport. Sie analysierte dazu die Leistungen des U18-Herrenteams der Fußballakademie St. Pölten.
Komplexe Einflussfaktoren
Um die wichtigsten Einflussfaktoren für die Belastungen der Spieler herauszufinden und diese messen zu können, mussten neben der Unterscheidung von Training und Bewerbsspiel auch Faktoren wie die Anzahl der Trainingstage oder die Spielfeldgröße berücksichtigt werden. Die Spieler stattete Wimmer für die Messungen mit GPS- und Herzfrequenzsensoren aus, die ermittelten Daten wurden dann ausgewertet und auf die Spielerprofile und die verschiedenen Positionen umgelegt.
„Natürlich spielt es dabei auch eine Rolle, welches taktische System eine Mannschaft spielt. Und auch die Stärke des Gegners hat einen Einfluss“, erklärt Wimmer, die selbst begeisterte Fußballerin ist. „So legen beispielsweise bei einem leichten Gegner im Schnitt die Flügelspieler die größten Distanzen zurück. Bei starken Gegnern hingegen sind es oft das zentrale Mittelfeld oder die Außenverteidiger.“ Im Rahmen ihrer Arbeit stellte sie fest, dass die Außenverteidiger auch generell betrachtet die größten Gesamtdistanzen, die stärksten Beschleunigungen und die höchsten Laufgeschwindigkeiten erreichen. „Sie machen also die meisten Sprints und Richtungswechsel“, erläutert die Studentin.
Interessanterweise gebe es in der gängigen Literatur dazu abweichende Erkenntnisse, sagt die Studentin. Dies sei aber aufgrund der vielen zu berücksichtigenden Einflussfaktoren nicht überraschend. Die geringsten Distanzen und die am wenigsten hohe Geschwindigkeiten legen laut ihrer Analyse übrigens die Innenverteidiger zurück.
Anwenden lassen sich die Erkenntnisse daraus bei der Gestaltung des Trainings, so Wimmer. Etwa indem Lauf- und Sprinteinheiten speziell auf die jeweilige Spielerposition und die daraus resultierenden Anforderungen angepasst werden.
Termintipp: Online-Infosession Master Sports Technology
Montag, 28. Juni 2021, 18:00 – 19:00 Uhr
Anmeldung hier.