Energieflexibilität: FHTW-Projekt untersucht neue Nutzungskonzepte für erneuerbare Energiequellen
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14. Mai 2021
Im Forschungsprojekt Flucco+ beschäftigt sich ein Team der FH Technikum Wien mit dem Nutzungskomfort bei energieflexiblen Wohnbauprojekten. Mit den gesammelten Daten sollen die Planungsgrundlagen in diesem Bereich verbessert werden.
Erneuerbaren Energiequellen gehört die Zukunft. In der Entwicklung von Nutzungskonzepten für regenerative Energieformen gibt es jedoch eine große Herausforderung: „Erneuerbare Energien sind volatil. Das heißt, sie kommen nicht immer in der Menge und genau dann, wann man sie braucht“, sagt Momir Tabakovic vom Forschungsschwerpunkt Renewable Energy Systems der FH Technikum Wien. Ein Lösungsansatz für diese Problematik ist das Konzept der „Energieflexibilität“, mit dem sich Tabakovic und seine Kollegen Simon Schneider, Thomas Zelger, Daniel Bell und Jens Leibold derzeit im Rahmen des von der FFG geförderten Forschungsprojekts „Flucco+“ beschäftigen.
Entlastung der Energienetze
Energieflexible Gebäude und Quartiere sollen künftig dazu beitragen, die Energienetze durch entsprechende Ausstattung und Konstruktion zu entlasten sowie den Verbrauch durch intelligente Nutzung zu senken. Ist beispielsweise einmal etwas mehr Energie verfügbar, wird ein Gebäude stärker beheizt, ist weniger Energie vorhanden, wird die Temperatur leicht reduziert. Auf diese Weise sollen im Zusammenspiel mit technischen Maßnahmen – beispielsweise thermischer Bauteilaktivierung – Spitzen bzw. Engpässe abgefedert werden, wie in einem Puffersystem. Dabei gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass NutzerInnen unterschiedlich sensibel auf Komforteinschränkungen durch Temperaturschwankungen reagieren. „Es ist klar, dass hier die subjektive Wahrnehmung der BewohnerInnen eine große Rolle spielt“, erklärt Tabakovic. Diesem Aspekt widmet das FHTW-Forschungsprojekt deshalb besondere Aufmerksamkeit.
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Kooperation mit Plusenergie-Pilotprojekten
Das Projektteam hat dazu Umfragen unter BewohnerInnen von energieeffizienten Pilotprojekten wie dem Plusenergiequartier „Sonnendorf“ in Schwoich in Tirol, dem Plusenergiequartier „Smart Block“ im 17. Bezirk in Wien, Einfamilienhäuser in Göllersdorf und dem neuen Wohnquartier „Speicherstadt Mühlgrund“ im 22. Wiener Bezirk durchgeführt.
Um weitere Daten über das Temperaturempfinden von Nutzern zu erhalten, verbrachten in den vergangenen Wochen außerdem mehr als 20 Probanden jeweils drei Tage in der „Fassadenbox“ von AAE Intec in Gleisdorf (Steiermark). Dabei wurden in einer Laborsituation Temperaturschwankungen simuliert, während die Probanden halbstündlich detailliert ihr subjektives Komfortempfinden aufzeichnen mussten.
Temperaturlimits und -toleranzen
Im nächsten Schritt wird das Projektteam die Daten aus dieser Versuchsreihe jenen aus der Umfrage gegenüberstellen. „Das Ziel dabei ist, die Limits herauszufinden und einen Toleranzbereich zu identifizieren, in dem Temperaturschwankungen im Idealfall gar nicht bewusst wahrgenommen werden“, erklärt Tabakovic.
Die Optimierung von Produktion und Verbrauch innerhalb eines Gebäudekomplexes eröffnet die Möglichkeit des lokalen Ausgleichs und des geringeren Einsatzes von Energie (Wärme, Strom) aus dem Netz. Der Beitrag von Flexibilitäten innerhalb eines Gebäudekomplexes zur Integration eines hohen Anteils an volatilen erneuerbaren Energien durch Kopplung verschiedener Sektoren (Strom, Wärme, Kälte und Mobilität) befindet sich allerdings erst in einer frühen Entwicklungsphase. Eine holistische Energieflexibilitätsbewertung anhand dreier potentieller Plusenergiequartiere, – „Sonnendorf“ in Schwoich in Tirol, Werftareal Korneuburg und Wohnquartier „Speicherstadt Mühlgrund“ – soll ebenso erarbeitet werden wie heuristische Methoden zu deren Optimierung. Aus all den gesammelten Daten will das FHTW-Team schließlich ein dynamisches NutzerInnenkomfort-Modell und darauf abgestimmte Energieszenarien entwickeln. Diese sollen dann bei den Partnerprojekten in Tirol, Niederösterreich und Wien in der Praxis erprobt und ganzheitlich bewertet werden.