Projekt mit FHTW-Beteiligung sucht nach Herbizid-Alternativen zum Glyphosat-Einsatz im Gleisverkehr
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28. Mai 2021
Um den Bewuchs von Gleisanlagen zu verhindern, werden häufig Herbizide mit dem als problematisch geltenden Wirkstoff Glyphosat eingesetzt. Ein FFG-gefördertes Forschungsprojekt, an dem ein Team der FH Technikum Wien beteiligt war, untersuchte alternative Methoden zur Pflanzenkontrolle.
Die Gewährleistung des reibungslosen Personen- und Güterverkehrs auf Österreichs Schienen und Straßen ist eine der wichtigsten Aufgaben, mit denen sich die ÖBB und die ASFINAG befassen. Dazu zählt auch, den Überwuchs des Gleisbettes durch Gräser und Kräuter zu verhindern, um Wasserableitung, Luftdurchlässigkeit, Sichtbarkeit der Schienenwege und die Abfederung der Züge zu garantieren. Zur Verhinderung des Überwuchses gibt es verschiedenste Methoden, wie zum Beispiel der Einsatz von mechanischen Wurzelbarrieren, chemische Herbizide, mechanische Entfernung mittels Mähens, die Ausbringung von heißem Wasserdampf oder die Anwendung der Elektroherbizid-Technologie. In dem von der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) geförderten Projekt Green-LOGIX war es das Ziel, die unterschiedlichen Methoden zu untersuchen und ihren Wirkungsgrad, ihre Umweltverträglichkeit und ihre Einsatzmöglichkeiten zu evaluieren. Dazu wurde ein Konsortium bestehend aus ÖBB, ASFINAG, FH-Kärnten, FH Technikum Wien, E.C.O und biohelp Garten&Bienen GmbH gebildet, welches unterschiedliche Aspekte der Methoden zur Pflanzenkontrolle untersuchte. An der FHTW übernahm Christoph Olscher die Aufgabe, die Ökotoxizität unterschiedlicher chemischer Herbizide zu untersuchen und Empfehlungen zur Umweltverträglichkeit auszusprechen. Unterstützt wurde er dabei im Kompetenzfeld Chemical Engineering und Ecotoxicology von Barbara Gepp, Katharina Wießner, Ingrid Kolar, Bettina Dekrout und Martina Ortbauer.
Warum der Aufwand?
Bisher wurden vor allem Herbizide mit dem aktiven Wirkstoff Glyphosat (z.b. „Touchdown Quattro“) zur Kontrolle des Gleisbewuchses verwendet. Glyphosat steht allerdings laut IARC und WHO im Verdacht, krebserregend zu sein und zur Reduktion der Artenvielfalt beizutragen. So werden aktiv Alternativen zu Glyphosat-basierenden Herbiziden gesucht. Getestete Alternativen waren dabei die Pelargonsäure (im Produkt biohelp Finalsan Plus), Flumioxazin (in Nozomi), Flazasulfuron (z.B in Chikara), Iodosulfuron und Diflufenican (in ValdorFlex). Selbstverständlich müssen diese Alternativen auch auf Wirksamkeit, Toxizität und Verbleib in der Umwelt untersucht werden, um ihre Eignung zu bestätigen. Im Projekt Green-LOGIX wurde die Wirksamkeit der Herbizide sowie der alternativen Methoden zur Pflanzenkontrolle getestet. An der FHTW wurden zur Untersuchung der Toxizität nach internationalen OECD-Richtlinien drei etablierte Modelle verwendet. Für eine Übersicht der toxischen Effekte auf unterschiedlichen trophischen Ebenen wurden die murine Fibroblast-Zelllinie BALB/c 3T3 (Mus musculus), einzellige Algen (Raphidocelis subcapitata) und Embryos des Zebrafisches (Danio rerio) gewählt.
Vergleiche der erarbeiteten mittleren Effektkonzentrationen (EC50-Werte) von Touchdown Quattro und biohelp Finalsan Plus zeigen, dass Touchdown Quattro mit Ausnahme der Algen stärker toxisch wirkte als biohelp Finalsan Plus. Die EC50-Werte der Herbizide Valdor Flex, Chikara und Nozomi zeigen eine sehr schwache bzw. keine Toxizität für Zellen und Zebrafisch-Embryonen, allerdings eine sehr starke Toxizität für Algen. Pelargonsäure wies im Vergleich zu den Wirkstoffen der anderen getesteten Formulierungen die geringste Toxizität auf und zeigt laut Literaturangaben ebenso die geringste Persistenz (< 1 Tag) in der Umwelt (z.B. Persistenz von Glyphosat: 15-1000 Tage). Basierend auf den erzielten Ergebnissen und den verfügbaren Informationen aus bereits publizierter Literatur wurde biohelp Finalsan Plus mit den Wirkstoffen Pelargonsäure und Maleinsäurehydrazid für den Einsatz an Gleisanlagen empfohlen.
Verknüpfung zum Studiengang MUT
Die Grundlagen zur Durchführung konnte sich Christoph Olscher in seinem abgeschlossenen Studium des FHTW-Studiengangs „Technisches Umweltmanagement und Ökotoxikologie“ (mittlerweile: Ökotoxikologie und Umweltmanagement) aneignen, in dem die unterschiedlichen Modellsysteme vorgestellt wurden und die Arbeit mit ihnen erklärt wurde. Zusätzlich wurde viel Wert auf die statistische Auswertung der Daten gelegt, um die verwendeten Richtwerte (LC50/EC50, LOEC, NOEC) zu berechnen und so einen internationalen Vergleich der Daten zu ermöglichen.
Interessante Ansätze durch neuartige Methoden
„Die unterschiedlichen aktiven Wirkstoffe der Herbizide führten bei den Modellorganismen zu unterschiedlichsten Reaktionen. Mit dem Wissen über die chemischen Eigenschaften war es sehr interessant, die Effekte zu beobachten und die mittlere letale Konzentration (LC50) / mittlere Effektkonzentration (EC50) zu berechnen. Aus der ökotoxikologischen Sicht machen es diese Richtwerte möglich, das am wenigsten toxische Herbizid zu benennen. Betrachtet man dann noch den Verbleib in der Umwelt, dann kann man schon sehr solide Aussagen über die ökologische Vertretbarkeit des Herbizides treffen“, erklärt Olscher. Hier sei allerdings zu bedenken, dass sowohl die Wirksamkeit des Herbizides auf die Zielorganismen – in diesem Fall der pflanzliche Bewuchs der Gleisbetten – und die Kosten der Ausbringung miteinbezogen werden müssten. „Keine Firma wird ein Herbizid verwenden, dass nicht zu einer substanziellen Verringerung des Bewuchses und der Verringerung des Arbeitsaufwandes im Vergleich zu den anderen Methoden führt“, ergänzt Olscher. „Speziell neuartige Methoden wie die Elektroherbizid-Methode bieten spannende Ansätze, die Ausbringung von Herbiziden in die Umwelt zu reduzieren und somit einhergehende Probleme zu vermeiden. Auf lange Sicht ist es notwendig, die Ausbringung von Chemikalien in unsere Umwelt so weit wie möglich zu reduzieren, denn auf den einen oder anderen Weg wird unsere Gesundheit davon beeinflusst. “
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