Mini-Herzen aus der Petrischale: FHTW-Absolvent maßgeblich beteiligt

06. Juli 2021

Einer Wiener ForscherInnengruppe gelang es erstmals, aus Stammzellen selbstentwickelnde Herz-Organoide zu züchten. Hauptautor der wissenschaftlichen Studie dazu ist mit Pablo Hofbauer ein Absolvent der FH Technikum Wien.

Mit einer Studie zu im Labor gezüchteten Mini-Herzen sorgt ein Wiener WissenschaftlerInnen-Team derzeit für Aufsehen in der Fachwelt. Den ForscherInnen am Institut für Molekulare Biotechnologie IMBA der Akademie der Wissenschaften gelang es erstmals, selbstentwickelnde Herz-Organoide, also organähnliche 3D-Strukturen, in der Petrischale zu züchten. Maßgeblichen Anteil daran hatte als Erstautor der Studie Pablo Hofbauer, ein Absolvent der FH Technikum Wien.

Hofbauer studierte an der Fachhochschule zunächst im Bachelor-Studium Biomedical Engineering und absolvierte danach das Master-Studium Tissue Engineering and Regenerative Medicine. Seine Master-Arbeit verfasste er an der University of Minnesota in den USA, für sein Doktorat in Molekularbiologie kehrte er nach Wien zurück – am IMBA im Vienna Biocenter stieß er schließlich auch zur Forschergruppe um Sasha Mendjan, der nun die Züchtung der Miniherzen in der Petrischale gelang.

Selbstorganisierende 3D-Zellstrukturen

Die Wiener WissenschaftlerInnen setzten dazu sogenannte pluripotente Stammzellen ein, die sie mit Signalstoffen – bestimmten Proteinen – in passender „Umgebung“ dazu anregten, sich selbst weiterzuentwickeln und, wie in der normalen menschlichen Entwicklung, sich in Herzzellen zu spezifizieren.

Auf diese Weise können nicht nur einfache Zellgruppen, sondern sich selbstorganisierende 3D-Strukturen entstehen. Vor etwas mehr als zehn Jahren wurden die ersten Darm-Organoide erfolgreich hergestellt, später auch Gehirnorganoide. Beim Herz sei dies jedoch besonders schwierig, erklärt Hofbauer: „Denn die Herzentwicklung ist erstaunlich kompliziert in Vergleich zu anderen Organen, vor allem, da verschiedene Vorläuferzellen zur richtigen Zeit am richtigen Ort zusammenkommen müssen, um das Herz zu bilden“. Mithilfe der pluripotenten Stammzellen lassen sich freilich keine kompletten Herzen, sondern Organoide züchten – annähernd runde, mit Flüssigkeit gefüllte Mini-Herzkammern, die sich aus Herzmuskel- und -Blutzellen sowie Fibroblasten (Bindegewebszellen) zusammensetzen.

Mini-Organoide zur Erforschung von Herzkrankheiten“

Mit der Methode haben die WissenschaftlerInnen mittlerweile tausende solcher Mini-Organoide erzeugt und können diese nun zu weiteren Forschungszwecken verwenden. Dem Wiener Team gelang es bereits im Zuge der Entwicklung der Mini-Herzen, einen Gendefekt nachzubilden, der zum sogenannten „hypoplastic left heart syndrome“ führt. Dabei handelt es sich um eine genetische Erkrankung, bei der die linke Herzkammer nur sehr klein ausgebildet ist. Sogar einen Herzinfarkt konnten die ForscherInnen in der Petrischale nachstellen, indem sie einen kleinen Teil der Herzzellen einfroren und damit absterben ließen. Bei diesem Vorgang bilden die Fibroblasten Narben, die das Herz schwächen und Herzrhythmusstörungen verursachen können. „Wir können nun untersuchen, wie sich diese Narbenbildung abschwächen lässt“, sagt Hofbauer.

Die Methode, Organoide mittels selbstorganisierenden Stammzellen zu züchten, unterscheidet sich dabei in der Herangehensweise von den Methoden des Tissue Engineering, wie es etwa an der FHTW angewendet wird. „Es kommt dabei immer sehr auf die Fragestellung an, welche Methode sinnvoll ist“, erklärt Hofbauer. „Das Tissue Engineering funktioniert unter anderem über mechanische Stimulierung und bietet etwa den Vorteil, die Abläufe besser kontrollieren zu können. Dies hat man mit selbstorganisierenden Systemen nicht immer hundertprozentig.“

Pablo Hofbauer

Studium an der FHTW: hoher Praxisfaktor

In seinem Studium am Technikum Wien habe er viel über Molekularbiologie und wissenschaftliches Arbeiten gelernt und besonders vom hohen Praxisfaktor profitiert, erzählt Hofbauer. Im Rahmen seines Doktorats konnte er dann sein Wissen in Sachen Entwicklungsbiologie vertiefen. Seine Tätigkeit am IMBA hat er mittlerweile beendet und mit Kollegen ein eigenes Unternehmen gegründet: Mit der Firma HeartBeat.bio soll die Wirksamkeit bestimmter Medikamente auf die Herz-Organoide, und damit auch auf menschliche Herzen, genauer erforscht werden.

Ab Herbst wird Hofbauer seine wissenschaftliche Erfahrung außerdem an der FHTW an Studierende weitergeben – und dabei auch sein cardiales Knowhow einbringen: In einer Lecture-Serie will er sich mit Studierenden intensiv der Frage widmen, wie sich Herzkrankheiten in der Petrischale modellieren lassen.