Neue Medizinprodukte-Verordnung: WKW-Vortrag mit Matthias Scherer

Matthias Scherer und Katharina Raabe-Stuppnig bei ihrem WKW-Vortrag

16. Dezember 2021

Die neue EU-Medizinprodukte-Verordnung stellt viele Betriebe vor neue Herausforderungen. Im Rahmen eines Online-Vortrags der WKW-Fachgruppe für Gesundheitsberufe gaben FHTW-Experte Matthias Scherer und die Rechtsanwältin Katharina Raabe-Stuppnig Rat und praktische Tipps für Unternehmer*innen.

Vor allem für Klein- und Mittelbetriebe bringt die neue Medizinprodukte-Verordnung der Europäischen Union große Herausforderungen mit sich, da die/der Gesetzgeber*in damit sehr hohe Anforderungen an Dokumentation und Qualitätsmanagement stellt. Dabei gibt es Unterschiede, je nachdem ob Unternehmen Medizinprodukte selbst herstellen, abändern, oder nur mit Produkten handeln. Die Problematik ist, dass sich dies oftmals nicht klar kategorisieren lässt. So kommt es, dass Firmen akut in Gefahr sind, hier nicht gesetzeskonform zu arbeiten. Beispiele dazu wären etwa ein/e Hörakustiker*in, die eine Otoplastik für ein Standardhörgerät anfertigt, oder wird ein/e Optiker*in, die/der nur“ eine Linse schleift – gelten diese als Hersteller? Was passiert, wenn ein Medizinprodukt umgepackt wird, welche Kennzeichnungen sind dann notwendig? Wer darf Sonderanfertigungen herstellen und welche Art der Dokumentation und Marktüberwachung sind nötig?

Um diese und andere Fragen zu beantworten, Unternehmen zu schulen und auf die möglichen Gefahren hinzuweisen, lud die Fachgruppe für Wirtschaftsberufe der Wirtschaftskammer Wien am 13.12. zu einem Vortrag, an dem rund 100 Unternehmer*innen teilnahmen. Aufgrund der Corona-Situation wurde die Veranstaltung online aus einem Studio im Haus der Wiener Wirtschaft übertragen. Während Rechtsanwältin Katharina Raabe-Stuppnig über den rechtlichen Rahmen und mögliche Strafen referierte, setzte Matthias Scherer vom Kompetenzfeld Medical Engineering und Integrated Healthcare der Fakultät Life Science Engineering an der FH Technikum Wien als Regulatory Affairs-Experte das Thema in den Bezug zu den Medizinprodukten.

Im Vorfeld der Veranstaltung wurden Meetings mit Berufsgruppensprecher*innen der Augen- und Kontaktlinsenoptiker*innen, Hörakustiker*innen, Orthopädietechniker*innen und Zahntechniker*innen abgehalten, um im Vortrag auf spezielle Anwendungsfälle eingehen zu können. Es zeigte sich, dass kleine Betriebe dringend Unterstützung in der Umsetzung von Dokumentationspflichten brauchen, da häufig Zeit und Wissen fehlen, um rechtliche Vorgaben im Tagesgeschäft umsetzen zu können.

Der fast dreistündige Vortrag fand sehr positives Feedback und eine Vielzahl an Fragen der Unternehmen konnte beantwortet werden. Um auf individuelle Probleme der unterschiedlichen Berufsgruppen eingehen zu können, werden nun im nächsten Schritt Leitfäden entwickelt. Diese Guidelines werden im Frühjahr 2022 in Workshops präsentiert, die Unternehmer*innen haben dann noch einmal die Möglichkeit, ihre firmenspezifischen Fragen zu stellen und mit den Expert*innen zu diskutieren. Das übergeordnete Ziel ist es, Firmen Hilfe zur Selbsthilfe zu geben und aufzuzeigen, wie sie mit teils einfachen Mitteln ihren gesetzlichen Pflichten nachkommen können.