Sports Innovation Dialogues: Radsport zwischen Technik und Business

09. April 2025

Im Vorfeld des großen Events zu Innovation im Radsport am 24.4. bitten wir drei Experten zum Gespräch.

Die FH Technikum Wien und Innovation Salzburg laden am 24. April 2025 um 17 Uhr zu einer ersten Ausgabe der Sports Innovation Dialogues ein, diesmal mit Fokus auf den Radsport. Unter dem Titel „Cycling – Innovation auf zwei Rädern“ erwarten die Teilnehmenden Einblicke in die neuesten technologischen Entwicklungen und Geschäftsmodelle im Bereich des Radsports – unter anderem mit einer Keynote von Radsportprofi Tim Wafler. Im Vorfeld haben wir Stefan Litzenberger (Studiengangsleiter Bachelor Sports Engineering & Ergonomics und Master Sports Technology, FH Technikum Wien), Ernst Novak (Themenmanager Tourism & Sports, Innovation Salzburg GmbH) und Christoph Feichtinger (CEO, Windpuls) einige Fragen rund um die Themen des Events gestellt.  


Wie beeinflussen technische Entwicklungen wie Aerodynamik-Optimierung und smarte Materialien den modernen Radsport?
Stefan Litzenberger: In den letzten Jahren wird nach „marginal gains“, also geringfügigen Verbesserungen bestehender Konzepte gesucht. Ob das nun Materialien, Leistungsmessung oder Aerodynamik betrifft, viele kleine und größere Innovationen haben den Weg in den Massenmarkt gefunden. Aber viel spannender noch ist die Frage: Sehen die Expert*innen große Verbesserungen oder disruptive Innovationen in der nahen Zukunft? Ich bin gespannt, welche künftigen Entwicklungen die Teilnehmer*innen des Technologiepanels erwarten.

Stefan Litzenberger


Welche Rolle spielt die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Ingenieurwissenschaften, Biomechanik und Sportwissenschaften in der Entwicklung neuer Radsport-Technologien?
Stefan Litzenberger: Das Fahrrad ist, so heißt es, die einzige Maschine, deren Passagier gleichzeitig ihr Motor ist. Damit dabei möglichst wenig menschliche Leistung, in möglichst viel Vortrieb verwandelt werden kann, ist die Abstimmung zwischen Mensch und Maschine von grundlegender Bedeutung. Ergonomische und biomechanische Gesichtspunkte müssen bei der Entwicklung von Fahrrädern und bei der Anpassung an individuelle Radfahrer*innen immer berücksichtigt werden. In unseren Studiengängen Master Sports Technology und Bachelor Sports Engineering and Ergonomics spielen deshalb biomechanische Messungen wie Bewegungsanalyse, Pedalkraftmessung und Satteldruckmessung neben Materialwissenschaften, Computer Aided Design und Simulation eine wichtige Rolle.

Welche aktuellen Trends gibt es im Bereich der Geschäftsentwicklung im Radsport?
Ernst Novak:
Der Radsport war global immer schon ein Zugpferd im Sport – egal ob auf der Produktseite, im Servicebereich, als Wettbewerbssport und natürlich auch medial. Corona hat diesen positiven Zugang fürs Biken noch weiter beschleunigt. E-Bikes sowieso, aber vor allem Gravel-Bikes erfreuen sich großer Beliebtheit. Bike-Sharing und Lastenräder sieht man vor allem in Städten immer häufiger.


E-Cycling, also virtuelle Radrennen, gewinnen an Popularität und darum strömen täglich neue Nutzer*innen zu den digitalen Anbietern, wie z.B. Zwift. Natürlich muss man auch die Strava-App erwähnen, sie ist aktuell wahrscheinlich die Benchmark im Bereich Tracking und Community-Vernetzung. Auch die ökologische Betrachtung und das lang unterschätzte Kindersegment haben viel Potenzial für neue Produkte und Services. Last but not least – Netflix hat mit den zwei Staffeln der „Tour de France“ eine weltweite Euphorie für den Radrennsport ausgelöst, da wurde sogar Red Bull schwach und hat sich am Rennstall BORA – hansgrohe beteiligt.

Ernst Novak


Welche Herausforderungen müssen Startups und Unternehmen meistern, um sich im globalen Radsportmarkt erfolgreich zu positionieren?
Ernst Novak:
Die Herausforderungen sehen und hören wir tagtäglich in den Medien: Kriege, Krisen, Trump uvm. erzeugen eine volatile Weltwirtschaftssituation. Vielleicht ist es interessanter den Blick auf die Opportunitäten zu richten.

Startups sollten den Vorteil nutzen, flexibel zu agieren und einen Fokus zu setzen. Wenn man ein spezifisches Problem in einer Nischenzielgruppe perfekt lösen kann, dann ist es „nur“ mehr wichtig, dass die betroffenen Personen von dieser Lösung erfahren, und da ist dann gutes Marketing gefragt. Vor allem der D2C Bereich, d.h. Direct2Customer mit einer starken Nutzung von Social Media & Influencer Marketing, wird immer öfter von Startups anvisiert.

Unternehmen, die schon lange im Markt sind, sollten den Zug bei den großen Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung nicht versäumen. Denn Innovation kann man in jedem Bereich eines Unternehmens etablieren. Jedoch fehlt es oft an der Flexibilität in großen Firmen, um auf Marktveränderungen zu reagieren. Ein Team, dass sich darauf konzentriert neue Businesskonzepte zu entwickeln, die ergänzend oder unabhängig zum Kerngeschäft integriert werden könnten, wäre vielleicht eine interessante Empfehlung … die natürlich mit Kosten verbunden ist!

Wie beeinflusst die Aerodynamik die Leistungsfähigkeit von Radsportlerinnen und Radsportlern – und welche Rolle spielt sie im Vergleich zu anderen Faktoren wie Kraft oder Ausdauer?

Christoph Feichtinger: Alles, was sich durch die Luft bewegt, steht zwangsläufig im Einflussbereich der Aerodynamik. Ob wir es wollen oder nicht – sobald wir Fahrtwind spüren, wirkt dieser auch auf uns: Er erzeugt Widerstand, der uns abbremst, und bei Seitenwind kann er sogar die Stabilität beeinträchtigen.

Wenn es darum geht, die Leistung im Radsport zu steigern – also schneller oder weiter zu fahren – gibt es grundsätzlich zwei Ansätze: Entweder man bringt mehr Kraft aufs Pedal, oder man reduziert die Verluste durch Roll- und Luftwiderstand. Und hier kommt die Aerodynamik ins Spiel. Denn sie ist der maßgebliche Faktor für den Energieaufwand bei höheren Geschwindigkeiten.

Je besser Fahrer*in, Ausrüstung und Position aerodynamisch optimiert sind, desto weniger Energie geht durch den Luftwiderstand verloren. Deshalb ist die Aerodynamik untrennbar mit der tatsächlichen Leistungsfähigkeit auf dem Rad verbunden – sie entscheidet oft über Sekunden und Platzierungen, gerade im Profibereich.

Welche Innovationen im Bereich der Aerodynamik könnten den Radsport in den kommenden Jahren nachhaltig verändern?

Christoph Feichtinger: Aerodynamik entfaltet ihre Wirkung nur in Bewegung – das gilt sowohl für den Fahrer als auch für die ihn umströmende Luft. Mithilfe von Windkanälen und modernen Strömungssimulationen am Computer lassen sich diese Bewegungen zwar modellieren und analysieren, doch bleiben sie stets idealisierte Abbilder der Wirklichkeit. In der Praxis verändern sich die Bedingungen laufend – Wind, Wetter, Gelände, Geschwindigkeit. Genau darin liegt die zentrale Herausforderung der Aerodynamik im Radsport.

Ein bedeutender Innovationsschritt ist der sogenannte Windpuls-Sensor. Er ermöglicht erstmals, die lokalen Umgebungsbedingungen während der Fahrt hochdynamisch zu erfassen – etwa Windrichtung, -geschwindigkeit und deren kleinste Schwankungen. So lassen sich reale Strömungsverhältnisse präzise analysieren und gezielt in die Optimierung einbeziehen. Das eröffnet völlig neue Perspektiven: von der Echtzeitanalyse des Luftwiderstands bis hin zur individuellen Anpassung von Fahrstrategie und Körperposition auf der Strecke.

Auch Technologien, die die Körperhaltung der Fahrer*innen analysieren und optimieren, werden zunehmend relevanter. Denn der Mensch selbst bleibt der größte aerodynamische Einflussfaktor. Ziel ist es, Fahrer und Ausrüstung so aufeinander sowie auf die jeweilige Umgebung abzustimmen, dass in jeder Situation maximale Effizienz erreicht wird.

Weitere Infos zum Event am 24.4. findet ihr hier:
Sports Innovation Dialogues: Cycling

Weiterführende Links:

Bachelor-Studiengang Sports Engineering & Ergonomics

Master-Studiengang Sports Technology

Fakultät Life Science

Bilder Galerie:

Event-Intro im Zuge der Sports Innovation CrossTalks: Kitesurfing hosted by KISKA, im Jänner 2025.

Ernst Novak (Innovation Salzburg GmbH) als Panel-Moderator beim Sports Innovation Meetup im ULSZ Rif, im Juni 2024.


Ernst Novak als Laudator für die Kategorie “Sportinnovation des Jahres” im Zug des VICTOR Sportbusiness Awards.
Hier am Bild zu sehen: Einige Sport Startup Gründer, die an der FH Technikum Wien (Sportgerätetechnologie) studiert haben. Am Bild von links nach rechts: Ernst Novak, (Innovation Salzburg GmbH), Simon Schmiderer (zone14), Martin Edelsbrunner (MEVO) und Peter Karacsonyi (KAPE).

Radsportprofi Tim Wafler:

Copyright: Drew Kaplan / Cycling Austria

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Copyright: Arne Mill / Cycling Austria

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