Wie funktionieren eigentlich Quantencomputer?
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26. April 2022
Was ist ein Qubit? Und können Quantencomputer wirklich alles besser als klassische Rechner? Zum Abschluss der Quantentechnologie-Serie im Technikum Podcast gibt es hier noch einmal die wichtigsten Fakten über Quantencomputer im Überblick.
Quantencomputer und klassische Rechner funktionieren auf sehr unterschiedliche Weise. Letztere verwenden Binärcodes als Grundlage für die Informationsverarbeitung: Die kleinste Einheit ist ein Bit, das den Zustand 1 (an oder wahr) oder den Zustand 0 (aus oder falsch) annehmen kann. Quantencomputer hingegen arbeiten nicht mit binärer Ja- oder Nein-Logik, sondern mit einer Systematik, in der auch ein Ja UND ein Nein möglich ist. Die Basis und kleinste Informationseinheit ist hier ein Qubit, welches das ganze Spektrum an Werten zwischen 0 und 1 annehmen kann – noch dazu gleichzeitig.
Superposition und Verschränkung
Möglich wird dies, weil Quantencomputer eben auf Basis von quantenphysikalischen Zuständen arbeiten. Dabei werden zwei wesentliche quantenmechanische Grundkonzepte genutzt – die sogenannte Superposition und die Verschränkung von Zuständen. Durch das Prinzip der Superposition können sich Qubits in einer Überlagerung von Zuständen befinden, die so alle möglichen Lösungen eines Problems darstellen können. Die Verschränkung wiederum sorgt dafür, dass Quantencomputer wesentlich effizienter als klassische Rechner arbeiten können: Bei der Manipulation eines einzelnen Qubits wird durch die Verschränkung auch der Zustand aller anderen Qubits mitverändert. Statt alle Rechenschritte hintereinander ausführen zu müssen, können Quantencomputer deshalb alle Rechenschritte parallel ausführen, was eine massive Geschwindigkeitssteigerung ermöglicht.
Wie funktioniert das genau?
Bei klassischen Computern funktioniert die Umsetzung logischer Operationen wie etwa den Funktionen „AND“, „OR“ oder „NOT“ in sogenannten Logikgattern (auf Englisch Gates), die physikalisch in Transistoren umgesetzt werden. Die gewünschte Information wird dabei als elektrisches Signal durch das Bauteil geleitet. Auch bei Quantencomputern gibt es solche Logik-Schalter, allerdings ist die praktische Umsetzung wesentlich komplizierter und nicht mit jener von klassischen Computern vergleichbar: Die Manipulation kleinster physikalischer Teilchen mit Lasern oder Magnetfeldern erfordert hochkomplexe technologische Plattformen. Quantencomputer benötigen je nach Bauweise beispielsweise Quellen und Detektoren für einzelne Photonen, Vakuum- und Kryosysteme oder Ionenfallen.
Auch das Ablesen von Ergebnissen ist wesentlich schwieriger als bei klassischen Computern – denn jedes Ablesen eines Ergebnisses zerstört – gemäß den Gesetzen der Quantenmechanik – den Überlagerungszustand des Qubits. Es gilt daher, die Information erst dann auszulesen, wenn eine Berechnung abgeschlossen ist.
Quantencomputer sind auch sonst nicht in allen Bereichen klassischen Computern überlegen. Weil sie sehr sensibel auf Störungen von außen reagieren, ist es häufig notwendig, aufwändige Fehlerkorrekturen durchzuführen oder Ergebnisse zu verwerfen. Solange derartige Computer nicht völlig gegen Störungen abgeschottet sind, ist es deshalb auch schwierig, damit umfangreiche Rechenaufgaben durchzuführen.
Welche Anwendungsmöglichkeiten gibt es für Quantencomputer?
Besonders gut geeignet sind Quantencomputer beispielsweise für Optimierungsaufgaben und die Suche in ungeordneten Datenmengen. Ein Quantencomputer findet das Optimum für eine Problemstellung bereits in einem Durchlauf, während klassische Computer alle Möglichkeiten zunächst der Reihe nach einzeln durchrechnen müssen und erst am Schluss durch einen Vergleich der Ergebnisse die Ermittlung der optimalen Lösung ermöglichen. Umgekehrt wird ein Quantencomputer vermutlich nie einen Taschenrechner ersetzen – denn das simple Addieren oder Multiplizieren von Zahlen ist mit einem weniger störungsanfälligen Gerät wesentlich einfacher möglich.
Anwendungen für Quantencomputer bieten sich etwa im Bereich Cyber Security. Denn für bislang gängige Verschlüsselungssysteme birgt der Einsatz hochleistungsfähiger Quantencomputer ein enormes Risikopotenzial. Umgekehrt ermöglicht die Quantenmechanik abhörsichere Kryptografiesysteme, die auch durch den Einsatz von Quantencomputern nicht unterlaufen werden können. Neben dem Einsatz bei der Optimierung logistischer Problemstellungen oder beim Finden neuer chemischer Verbindungen sind auch Anwendungen in der Biologie oder Optimierungsaufgaben im Finanzbereich möglich. Mittlerweile gibt es außerdem bereits Projekte, die sich mit der Frage befassen, wie sich über den Einsatz von Quantencomputern humanoide Roboter menschlicher gestalten lassen.
Ausführliche Infos zu dem Thema gibt es in unserer Podcast-Serie zum Thema Quantentechnologie:
Teil 1: Gerd Krizek, Leiter des Departments Applied Mathematics & Physics, über die Grundlagen der Quantenphysik
Teil 2: Lecturer & Researcher Lukas Mairhofer vom Department Applied Mathematics & Physics über Quantencomputer und die Aktivitäten an der FH Technikum Wien
Teil 3: Lecturer & Researcher Stefan Schubert vom Department Computer Science über Quantenalgorithmen, Kryptografie und Datensicherheit.