Wie wird Wasserstoff hergestellt?
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wird Wasserstoff für Industrie, Energiespeicherung, Mobilität und andere Bereiche verwendet . In der laufenden Energiewende gewinnt grüner Wasserstoff sowie die mit ihm verbundenen Wasserstofftechnologien an Bedeutung. Da Wasserstoff fast ausschließlich in chemischen Bindungen vorkommt, muss er mittels oft energieintensiver Prozesse gewonnen werden – beispielsweise aus Wasser, Erdgas, Biomasse oder Erdöl. Jede Herstellungsmethode hat unterschiedliche Einflüsse auf die CO2-Emissionen.
Um auf die Umweltneutralität seiner Herstellung zu schließen, wird Wasserstoff in unterschiedliche Farbkategorien eingeteilt. Besondere Wichtigkeit kommt hier dem grünen Wasserstoff zu, da er ohne die Freisetzung von Kohlendioxid produziert wird. Im Folgenden schauen wir uns die einzelnen Farbkategorien näher an und blicken auf die Entwicklungen der Wasserstofftechnologien.
Wasserstoff – Das Element und seine Bedeutung
Da Wasserstoff nur aus einem Proton und einem Elektron besteht, macht ihn die geringe Masse attraktiv für zahlreiche Anwendungen in verschiedenen Industriezweigen. Das farblose, geruchlose Gas ist fast nur in gebundener Form in nahezu allen chemischen Verbindungen zu finden, besonders in Form von Wasser.
Die heute meist angewandte Methode zur Herstellung von Wasserstoff ist die Dampfreformierung von Erdgas (Methan). Dieser Prozess setzt allerdings große Mengen an CO2 frei und ist aus diesem Grund nicht nachhaltig – der hierbei hergestellte Wasserstoff wird als fossiler bzw. grauer Wasserstoff bezeichnet.
Ein umweltfreundlicheres Verfahren ist die Elektrolyse von Wasser, bei der Wasser mithilfe von elektrischem Strom in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird. Entscheidend ist dabei der Einsatz erneuerbarer Energiequellen wie Sonnen- oder Windkraft, um grünen Wasserstoff zu produzieren. Diese Methode minimiert die CO2-Emissionen über die gesamte Wertschöpfungskette und trägt dazu bei, grünen Wasserstoff in der Energiewende zu positionieren.
Unterschiedliche Arten von Wasserstoff
Wasserstoff in Verbindung mit Sauerstoff als Wasser (H20), als Hauptbestandteil von Erdgas als Methan (CH4) oder in Erdöl muss aus seiner Bindung befreit werden. Zudem enthalten mehr als die Hälfte aller bisher bekannten Minerale Wasserstoff. Demzufolge kann aus ihnen Wasserstoff gewonnen werden, wobei einige Methoden klimaneutraler sind als andere. Die diversen Farben von Wasserstoff verweisen auf die Art der Herstellung und deren Klimaauswirkungen.
Grauer Wasserstoff
In der Industrie wird aktuell der Großteil von Wasserstoff aus Erdgas gewonnen. Am meisten verbreitet ist die Methode der Dampfreformierung. Dabei wird durch eine Reaktion von Erdgas mit Wasserdampf Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid erzeugt.
Hierbei entstehen zur Herstellung einer Tonne Wasserstoff bis zu zehn Tonnen CO2. Aufgrund dessen ist grauer Wasserstoff (bzw. auch fossiler Wasserstoff) nicht klimafreundlich und nicht zukunftstauglich.
Schwarzer Wasserstoff
Auch schwarzer Wasserstoff zählt zum fossilen Wasserstoff. Bei dieser Methode wird der Wasserstoff mittels Steinkohle gewonnen. Meist kommt dafür die sogenannte Kohlevergasung zum Einsatz, die nicht klimafreundlich ist. Aufgrund des laufenden Kohleausstiegs findet diese Methode immer weniger Einsatz.
Brauner Wasserstoff
Zur Herstellung von braunem Wasserstoff wird Braunkohle genutzt. Diese Methode ist ähnlich umweltschädigend wie der Prozess zur Herstellung von grauem oder schwarzem Wasserstoff – und wird künftig gemieden.
Blauer Wasserstoff
Blauer Wasserstoff wird mit dem gleichen thermischen Verfahren wie grauer Wasserstoff hergestellt – der Dampfreformierung. Dabei wird der Wasserstoff aus Erdgas gewonnen, wobei auch CO2 entsteht – mit dem Unterschied, dass CO2 nicht in die Atmosphäre entweicht. Mit Hilfe der Carbon Capture Utilization and Storage-Technik (CCUS) wird das CO2 unterirdisch in verschiedenen Formationen wie beispielsweise salzwasserführende Gesteinsschichten geführt. Dabei wird das CO2 in Speichergestein gepresst und mindestens 800 Meter tief unter der Erde gelagert, bis industrielle Verwendungsmöglichkeiten für das abgeschiedene Gas gefunden werden.
Aufgrund der emissionsarmen Methode wird blauer Wasserstoff auch als dekarbonisierter Wasserstoff bezeichnet. Trotzdem werden bei der Produktion geringe Mengen Methan ausgestoßen. Zudem sind die Langzeitfolgen der Speicherung noch unklar. In Bezug auf die Energiewende gilt blauer Wasserstoff eher als Übergangslösung, denn als langfristige Antwort.
Türikiser Wasserstoff
Türkiser Wasserstoff ist Wasserstoff, der mittels Methanpyrolyse gewonnen wird. Methan wird dabei thermisch gespalten, womit Kohlenstoff nicht verbrannt und CO2-Emissionen vermieden werden – stattdessen bleibt fester, gebundener Kohlenstoff zurück. Der Herstellungsprozess ist klimaneutral, wenn der Hochtemperaturreaktor zur thermischen Spaltung seinen Strom aus erneuerbaren Energien bezieht. Zudem ist der Stromverbrauch relativ gering.
Dieses Verfahren gilt als mögliche Übergangslösung zum grünen Wasserstoff und wird derzeit in größerem Umfang erprobt, muss sich aber der Frage stellen, ob es tatsächlich klimaneutral ist. Die Masse an Kohlenstoff, die zurückbleibt, soll weiter genutzt werden, etwa in der Chemie- oder Elektronikindustrie und im Straßenbau. Wird der Kohlenstoff jedoch in Aluminiumwerken oder Stahlwerken genutzt, kommt es dennoch zur Verbrennung von Kohlenstoff bzw. zu CO2-Emissionen.
Roter Wasserstoff
Roter Wasserstoff (oder auch pinker oder violetter Wasserstoff) wird durch das Elektrolyseverfahren gewonnen, das auch grünem Wasserstoff Anwendung findet. In diesem Prozess spaltet ein Elektrolyseur Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff. Im Unterschied zum grünen Wasserstoff stammt der zur Herstellung benötigte Strom aus Atomkraft. Zwar wird hierbei kein Kohlendioxid in die Umwelt emittiert, dennoch ist roter bzw. violetter Wasserstoff aufgrund von Sicherheitsfragen hinsichtlich der Atomkraft umstritten.
Gelber Wasserstoff
Auch gelber Wasserstoff wird via Elektrolyse von Wasser gewonnen, wobei hier der jeweilige Strommix der Region genutzt wird. Die Energie stammt somit zum einen aus erneuerbaren Energiequellen, zum anderen aus Strom von fossilen Energiequellen wie Kohlekraftwerken. Diese Mischung der Energiequellen macht gelben Wasserstoff zu einer Übergangslösung.
Oranger Wasserstoff
Die Energie für die Produktion von orangenen Wasserstoff stammt sowohl aus Biomasse als auch von in Müllheizkraftwerken erzeugten Strom. Die Herstellung von orangem Wasserstoff wird nicht als klimaneutral betrachtet, da seine Gewinnung die Umwelt belastet. Dennoch gibt es Bemühungen in Kommunen bzw. deren öffentlichen Verkehr orangen Wasserstoff als Ersatz für fossilen Treibstoff einzusetzen.
Weißer Wasserstoff
Weißer Wasserstoff (auch goldener Wasserstoff) bezeichnet bereits existierenden natürlichen Wasserstoff, der sich in tiefen Gesteinsschichten bildet. Weißer Wasserstoff wird durch Bohrungen (ähnlich wie bei Erdöl und Erdgas) gewonnen, wobei das Vorkommen an natürlichem Wasserstoff zu gering ist, um dauerhaft industriell eingesetzt zu werden.
Grüner Wasserstoff
Grüner Wasserstoff wird oft als Königsweg der Wasserstoffgewinnung bezeichnet, wenn es um Klimaneutralität geht. Beim Elektrolyseverfahren kommt ausschließlich Energie aus erneuerbaren Quellen zum Einsatz, es emittiert kein CO2. Die Wasserstofftechnologie steht jedoch vor der Herausforderung, effizientere und im Vergleich zu fossilen Quellen günstigere Lösungen für die Produktion von grünem Wasserstoff zu implementieren. Zudem fehlt es an einer ausreichenden Infrastruktur für die Produktion, den Transport und die Speicherung von grünem Wasserstoff.
Die Anwendung von Wasserstoff in der Wasserstofftechnik
Wasserstofftechnologien sind ein entscheidender Faktor in unserer Entwicklung zur CO2-neutralen Wirtschaft. Trotzdem muss der Fokus hier auf erneuerbarer Energie in allen Formen liegen. Wasserstoff braucht Erneuerbare Energien, um nachhltig zu sein. Wasserstofftechnologien unterstützen die Energiewende, können sie aber nicht allein herbeiführen.
Der Einsatz von Wasserstoff kann positive Wirkungen in folgenden Bereichen zeigen:
- Der Speicherung erneuerbarer Energien – Überschüssige Energie aus erneuerbaren Quellen wie Wind- und Sonnenenergie kann in Form von Wasserstoff gespeichert werden und steht zu einem anderen Zeitpunkt zur Verfügung.
- Sektorübergreifende Integration – Der erzeugte Wasserstoff kann im Verkehr, als chemischer Rohstoff und in industriellen Prozessen eingesetzt werden.
- Dekarbonisierung der Industrie – Beispielsweise in der Schwerindustrie (wie die Eisenindustrie) kann Wasserstoff als sauberer Brennstoff eingesetzt werden, um die Dekarbonisierung voranzutreiben.
- Brennstoffzellen bzw. Treibstoff für Brennstoffzellenfahrzeuge: In der Mobilität kann Wasserstoff den Verkehr emissionsärmer gestalten.
- Als Exportgut: Wasserstoff kann genutzt werden, um erneuerbare Energie über Ländergrenzen hinweg zu transportieren und somit die internationale Energiewende voranzutreiben.
Speicherung und Transport von Wasserstoff
Wasserstoff kann als Energieträger in großen Mengen gespeichert werden und eignet sich vor allem für die Speicherung fluktuierender erneuerbarer Energien aus Windkraft und Solarenergie. Doch wo soll diese Speicherung stattfinden? Der geologische Untergrund bietet sich hier an. Die Kohlenwasserstoffindustrie nutzt diese Möglichkeit bereits seit Jahrzehnten, um Erdgas in Gesteinsporen (“Porenspeichern”) oder in Salzkavernen zu speichern. Besonders Salzkavernen sind geeignet für die großvolumige Lagerung von Wasserstoff.
Neben der Speicherung stellt sich die Frage nach der Rückverstromung von Wasserstoff. Die gespeicherte, umgewandelte Energie muss in ein Stromnetz oder eine Industriefabrik gespeist werden, wofür es eine geeignete Infrastruktur benötigt. Für den Transport wird die Nutzung bereits bestehender Erdgas-Leitungen diskutiert. Jedoch ergeben sich besondere Anforderungen an Rohrleitungen, Instrumentierung und Sicherheitsvorkehrungen: Das Energievolumen von Wasserstoff ist sehr niedrig, weswegen eine Kompression notwendig ist. Zusätzlich wird eine Transportmöglichkeit in flüssiger oder hochkomprimierter Form durch Trailer diskutiert.
Potenziale der Wasserstofftechnologien müssen ausgeschöpft werden
Beim Erreichen von Klimazielen nimmt Wasserstoff und mit ihm verbundene Wasserstofftechniken eine Schlüsselrolle ein. Derzeit befinden wir uns in der Forschung in einer Übergangsphase von fossilem Wasserstoff zu grünem Wasserstoff, die fortschreitende Umstellung wirft allerdings noch zahlreiche technische Fragen auf. Im Sektor der Energieversorgung muss geklärt werden, wie Wasserstoff langfristig gelagert und transportiert wird, in der Industrie müssen Marktstrukturen geschaffen werden. Auch in der Mobilität werden neue Ansätze vor allem für internationalen Flug- und Schiffverkehr durchgespielt.
Für die Weiterentwicklung, Umsetzung und Wartung braucht es für die Zukunft hochqualifizierte Fachkräfte. Die FH Technikum Wien bietet ein duales Bachelorstudium „Wasserstofftechnik“ ab 2024/25 an (vorbehaltlich Akkreditierung durch die AQ Austria). Absolvent*innen erwerben notwendige Kompetenzen, um eine klimaneutrale Zukunft mitzugestalten und haben darüber hinaus Vertiefungsmöglichkeiten zur Spezialisierung.